Von UK nach USA?

Wer sich mit der Familie Solly beschäftigt, findet bald heraus, dass alle Wege nach Kent in Südengland führen. Die Ahnenfolge lässt sich mühelos bis ins frühe 15. Jahrhundert verfolgen und man landet stets im kleinen Ort Ash, unweit von der Küste, nahe zur Kleinstadt Sandwich gelegen. Manchmal wird auch Yorkshire als Ursprungsort genannt, aber vor dort kommen eher die Familien Lister und Thornton, die sich mehrmals mit den Sollys mittels Heirat vereint hatten.

Sicherlich war Peter Solly (um 1415 bis 1494) nicht der erste Mann seiner Sippe, aber geboren wurde er in Ash, Kent. Mag sein, dass seine Urahnen über das Meer gekommen waren, vielleicht aus Norddeutschland, was mir gefallen würde und zugegebener Weise eine sehr subjektive Vorstellung ist.

 

Das ist schon faszinierend. Ein Paar macht den Anfang, bekommt Kinder, die heiraten und bekommen selbst Kinder. Nach wenigen Generationen blickt der Urahne (gemeinsam mit seiner Ehefrau) auf eine unzählige Schar von hoffentlich glücklichen Menschen, die alle denselben Familiennamen tragen. – Dieses Bild ist ein realistisches Abbild der Familie Solly, allerdings nur ein kleiner Ausschnitt aus dem weitverzweigten Stammbaum.

 

In Deutschland kann man Ahnenreihen nur selten bis in das 15. Jahrhundert zurückverfolgen. Grund ist der 30-Jährige Krieg (1618 bis 1648). In dieser Zeit traf es viele Familien, ganze Ortschaften wurden niedergebrannt. Wer konnte, ist Hals über Kopf geflohen. Je weiter man von den Truppen weg kam, desto besser. Bis man dann erneut vom Kriegsgeschehen eingeholt wurde. Die Dokumente, die in den Kirchen lagerten (Tauf- und Heiratsregister) wurden zuhauf vernichtet. Man hatte weder die Zeit noch die Mittel, um sie zu retten. So ist es fast unmöglich, die zerstörten Daten heute irgendwie neu zu generieren. Nur wer viel Geld und ein langes Gedächtnis hatte, konnte es sich leisten, die Familienchronologie neu schreiben zu lassen. 

England blieb davon verschont, denn das Kriegsgeschehen fand weitestgehend auf dem Boden des Deutschen Reiches statt. Die Engländer nahmen zwar politisch Einfluss, ihre Insel war aber kein unmittelbarer Kriegs-Schauplatz. Dafür leistet man sich dann lieber einen eigenen Bürgerkrieg, der aber keine vergleichbaren flächendeckenden Schäden hinterließ.

Wenn man Familiengeschichte in Norddeutschland betreibt, dann stößt man fast immer auf Familien, die zwischen 1750 und 1850 ausgewandert sind. Sie kamen aus ganz Deutschland und darüber hinaus und mussten erst einmal Hamburg oder Bremen erreichen, wo die Schiffe warteten. Die Bedingungen der Siedler waren hart und ihre Überlebenschance im ersten Winter eher gering. Trotzdem wagten es unzählige Männer und Frauen, zusammen mit ihren Kindern. Ihre Not in der Heimat muss groß gewesen sein. Wir kennen die Hungersnot der Iren, die die Bevölkerung in Scharen auswandern ließ. In England war es nicht anders. Ich war deshalb zunächst überrascht, niemanden in der Familie Solly zu finden, der diesen Weg gegangen ist. Dann wurde mir aber schnell bewusst, dass die Familie wohl über viele Generationen zu den wohlhabenden Engländern gehörte. Sie hatten also keinen Grund zur Ausreise. Wer ein stattliches Country House sein Eigen nennt, fühlt sich wohl und bleibt, wo er ist.

Trotzdem findet sich der Name Solly auch in den USA und es waren ganz sicher Einwanderer, die ihn mitbrachten. Oft liest man ihn in der Form ‚Solley‘, aber das wurde auch schon in England gerne mal vermischt. Einer oder vielleicht sogar der erste Mann mit diesem Namen war Thomas Solley. Er tauchte eines Tages in Connecticut auf und ließ sich als Siedler nieder. Über seine Herkunft hat er kaum etwas preisgegeben, aber eines ist gewiss, er wurde am 14. August 1759 in England geboren. Manche vermuten London als Geburtsstadt, eine Quelle nennt Ash (!) in Kent. Die Annahme, dass er mit den Londoner Namensvettern verwandt ist, und deren Vorfahren ebenfalls aus Kent stammen, liegt auf der Hand. Der Nachname ‚Solly‘ ist zwar bekannt, aber nicht unter vielen Familien verteilt. Fast alle Personen dieses Namens gehören verwandtschaftlich zusammen. Wann immer jemand in London (Kent oder Yorkshire) diesen Namen trägt, kann man fast sicher sein, dass er/sie mit der Familie Isaac Solly zu tun hat.

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