Peters, Fritz (1846-1932)

Geburt: 15.12.1846 in Altona Ehepartner: Emma Griebel
Hochzeit: 30.05.1883 in Altona Kinder: 3 Söhne und 2 Töchter
Tod: 13.05.1932 in Altona Beruf: Ingenieur und Kapitän

In der Familie wird er „Fritz“ gerufen, aber nach der Inschrift auf dem Grabstein zu urteilen, war der Taufname „Adolph“ und so unterschreibt er auch seine Verträge. Ich finde, Fritz passt besser zu ihm und vermutlich ist es der Rufname von „Friedrich“. Wenn ich mir sein Foto ansehe, glaube ich einen glücklichen Menschen zu sehen. Natürlich mag das täuschen. Zum einen bin ich keine gute Menschenkennerin und zum anderen sind Fotos nun mal Momentaufnahmen. Natürlich stützt sich meine Vermutung auch auf seine überlieferte Biografie. Sein Leben war abwechslungsreich, manchmal abenteuerlich, geprägt von scharfen Umbrüchen und Neuanfängen. Nicht immer freiwillig, aber mir scheint doch, dass Fritz Peters stets positiv auf alle Herausforderungen reagierte. Er hatte wenig Angst vor Veränderungen und das ist nicht oft anzutreffen. Entweder war er ein mutiger Mann oder er hatte schon früh einen festen Halt gefunden, etwas oder jemand, dem er ganz und gar vertraute. Vielleicht war er ein gläubiger Mensch und fand dort den Ankerpunkt, den man braucht, um sich auch mal auf völlig unbekanntes Terrain zu wagen.

Fritz Peters und seine Frau Emma, geb. Griebel.

Immerhin ist seine Ehefrau Emma Griebel die Enkelin eines leidenschaftlichen norddeutschen Pastors. Als der nach fünfzig Jahren in den Ruhestand tritt, übernimmt dessen Sohn das Amt als Segeberger Probst. Dieser familiäre Hintergrund wird auch in Emmas Kindheit und Jugend prägend gewesen sein. Als die Hochzeit im Mai 1883 stattfindet, ist Fritz Peters schon 37 Jahre alt. Seine Frau erst 23. Für beide ist es die erste Eheschließung. Ich vermute, dass Fritz vorher keine Notwendigkeit sah, um eine Familie zu gründen. Sein Leben war ziemlich aufregend und voller Energie.

Er stammte aus kleinen Verhältnissen. Der Vater war Schuhmacher in Altona, möglicherweise mit eigenem Geschäft, und doch wird er nicht viel Geld verdient haben. Fritz verlässt schon früh die Schule und heuert als Schiffsjunge auf einem Segelschiff an. Da ist er gerade 15 Jahre alt. Gleich die erste Fahrt wird zum Abenteuer. Das Schiff gerät in Brand, Fritz wird zum Retter und erhält als Belohnung eine Ausbildung an einer englischen Universität. Seine Enkelin, meine Tante Ingrid, erinnerte sich später daran und erzählt mir davon. Ein wahrlich abenteuerliche Geschichte, auf die ich etwas später zurückkommen werde.

Durch die Einladung nach England und die Möglichkeit dort eine Universität zu besuchen, nimmt sein Leben schlagartig einen ganz anderen Verlauf, als erwartet. Fritz Peters wird Maschinenbauingenieur, erwirbt dann das Patent zum Kapitän und fährt schließlich zur See. Nun ist er also auf ‘großer Fahrt’, oft monatelang unterwegs, und verdient viel Geld und genießt die Anerkennung der Reederei und wohl auch von der Mannschaft. Trotzdem gefällt es seiner Ehefrau nicht, sie möchte den Mann an ihrer Seite haben. Spätestens nach der Geburt des fünften Kindes, alle gesund und munter, drängt sie ihn deshalb zur Aufgabe seines Berufes. Statt als Kapitän die Weltmeere zu bereisen, steht er jetzt im Planungsbüro der HADAG am Zeichentisch und plant den Bau und die Konstruktion von neuen Schiffen. Mir scheint aber nicht, dass ihn die drastische Änderung seines Alltags bedrückt hat. Sicher wird ihm der Verzicht auf die Seefahrt schwergefallen sein, aber er konzentriert sich wohl stets auf die angenehmen Seiten und weiß auch immer das Beste aus einer Situation zu machen.

Fritz Peters muss viel Geld verdient haben. Als das Jahrhundert endet und man den Neujahrstag 1900 feiert, ist das eine gute Gelegenheit für viele, um selbst auch noch einmal neu durchzustarten. So denkt auch Fritz Peters und kauft sich Ende 1899 ein Landhaus in Övelgönne. Es liegt direkt an der Elbchaussee und existiert noch heute. Das Haus ist inzwischen berühmt, unter dem Namen „Landhaus Scherrer“ und im Inneren findet sich noch immer das Monogramm von Fritz Peters. Es ist in einer Tür mit großen Glasscheiben eingeätzt.

Die ‚Flottbeker Chaussee‘ heißt heute ‚Elbchaussee‘. Die Hausnummer stimmt noch immer.

Fritz, der Ingenieur und Kapitän, startet in dem Haus mit einer für ihn ganz neuen Aufgabe. Erstmals in seinem Leben betätigte er sich als Gastronom und hatte schon bald Erfolg. In kurzer zeitlicher Folge kauft er drei (oder sogar mehr) Gasthäuser, alle direkt an der Elbe gelegen. Sie sind ganz unterschiedlichen Niveaus: von der Hafenkneipe über das Familien-Ausflugslokal bis zur gehobenen Gastronomie. Das scheint geplant gewesen zu sein; ein schlaues Geschäftsmodell, das auch in Krisenzeiten funktioniert. Die Einnahmen investierte er in Miet- und Zinshäuser in Ottensen und so kommt es, dass Fritz Peters auch noch zum erfolgreichen Vermieter wird.

Kurz nach der Weltwirtschaftskrise stirbt er, aber wohl nicht aus Kummer über die Hyperinflation. Immerhin erreicht er seinen 85. Geburtstag, ein stolzes Alter. Und es ist gut möglich, dass sein Immobilienbesitz ihn finanziell einigermaßen über Wasser gehalten hat. Schließlich war es das Bargeld, dessen Wert ins Bodenlose stürzte. Es dauert noch einige Jahre, nämlich bis zu den Bombenangriffen im 2. Weltkrieg, bis alles in Flammen aufging. Aber das erlebt Fritz Peters nicht mehr. Und das kann man auch als glückliches Schicksal betrachten.

 

Vorfahren von Fritz Peters

Durch die Ehe mit Emma Griebel kam Fritz Peters in die Verwandtschaft einer alt eingesessenen ‘norddeutschen’ Familie. Die allerdings jahrhundertelang auf dänischen Staatsgebiet lebte. Sein eigener Stammbaum ist kurz, denn sein Vater war ein Findelkind. Das schien mir zunächst enttäuschend, denn damit hatte meine spannende Suche nach Vorfahren ein abruptes Ende gefunden, aber das ist nur die halbe Wahrheit. Weiß man nichts Genaues, dann darf man spekulieren. Eines ist sicher, ein Kind hat Großeltern und Urgroßeltern, auch wenn es diese nie kennengelernt hat. Selbst Findelkinder werden nicht vom Storch geliefert, sondern haben Vorfahren. 

Waren sie so arm, dass man das Kind weggeben musste? Gab es womöglich ein Geheimnis? Vielleicht war das Kind ein ‘Bastard’, mit gesellschaftlich hochangesehenem Vater? Oder war der Vater längst über alle Berge und die Mutter außer Stande für das Kind zu sorgen, weil sie selbst kaum genug zum Leben hatte? Mein Großvater hatte ebenfalls über seine Herkunft spekuliert. Ihm gefiel die Idee, dass die Vorfahren geflüchtete Hugenotten aus Frankreich gewesen waren. Das ist nicht ausgeschlossen, denn diese Menschen fanden nicht in Hamburg Zuflucht, aber im nahen Altona. Ich werde versuchen, tiefer zu graben. Ich weiß aus Erfahrung, dass oftmals ganz unverhofft neue Informationen auftauchen und deshalb lohnt es sich bei der Ahnensuche stets viel Geduld zu haben.

 

Marker: Gasthaus an der Elbchaussee / Etagenhäuser in der Arnoldstrasse / Lokal ‚Am Kuhberg‘

 

Erinnerung an einen Sommer bei den Großeltern

Die Enkelin von Fritz und Emma Peters, Ingrid Peters, kann sich noch gut an ihre Großeltern erinnern. Als Kind war Ingrid einen ganzen Sommer lang (1934) bei ihnen, in Altona, in Pflege, weil ihre eigene Mutter lange Zeit im Krankenhaus liegen musste. Ingrid hat ihre Erinnerung an den Großvater aufgeschrieben:

„Nun will ich gerne noch etwas über meinen Großvater berichten. Er war einer der Söhne von Nikolaus Peters. Fritz Peters hatte seine Laufbahn als Schiffsjunge, im Alter von 15 Jahren, angefangen. Er wurde später Kapitän zur See – ein gewaltiger Sprung. Seine erste Reise war noch auf einem Segelschiff bis nach China, die fast 2 Jahre dauerte.

Bemerkenswert ist, dass Fritz Peters auf einer späteren Fahrt mit einem Dampfschiff volontierte, auf dem er einen Brand zu löschen hatte. Dabei musste er durch eine mit Rauch gefüllte, enge Röhre kriechen. Dies alles hat mir mein Vater erzählt. An Bord war ein wohlhabender Passagier, den diese Tapferkeit so beeindruckte, dass er ihm ein Stipendium in Manchester, England, angeboten hat, um Navigation zu studieren. Diese einmalige Chance nahm der junge Mann begeistert an. Er lernte Englisch, besuchte Manchester und legte an der dortigen Hochschule sein Examen als Schiffs-Ingenieur ab.

Später hat er als Kapitän die halbe Welt befahren. Als er sich von der Schiffahrt zurückzog und Emma Amalia Griebel heiratete, war er sehr wohlhabend geworden. Er kaufte Etagenhäuser in der Arnoldstraße in Altona, ein Garten-Restaurant an der Elbchaussee und eine Kneipe Am Kuhberg im Hafen. Dies war seine “Goldgrube”.

Fritz war sehr beliebt unter den Seeleuten, die im Hamburger Hafen einliefen. Alles steht heute noch. Das Garten-Restaurant besuchten wir sonntags als Kinder, in der Arnoldstrasse verbrachte ich den Sommer 1934, als meine Mutter im Krankenhaus war und das Lokal ‘Am Kuhberg’ zeigte mir mein Vater noch, als ich 1963 in Hamburg war.”

Anmerkung: Meine Tante ging nach dem Krieg in die USA, wo sie heute noch lebt. Ihre Muttersprache kann sie noch immer.

In der Arnoldstraße 44 haben Fritz und Emma selbst gewohnt. Das Etagenhaus wurde 1890 fertiggestellt. Sie sind vermutlich in den Neubau gezogen, was gut zu den Lebensdaten passt. Ihre Hochzeit fand 1883 statt und im August 1890 wurde das dritte Kind, Otto Peters, geboren. Gut möglich, dass das ein Grund für den Umzug in eine größere Wohnung war.

 

Das Gasthaus an der Elbchaussee

Fritz Peters und sein Enkelsohn Gerd, mein Vater.

Fritz Peters erwarb 1899 ein Landhaus in Övelgönne, an der Flottbeker Chaussee, heute Elbchaussee. Das Haus wurde 1827 für Franz David Behn gebaut, der Eigentümer der Rolands-Mühle in Altona gewesen ist. Wahrscheinlich nutzte er das Landhaus als Altenteilhaus für die Mühle.

Ab 1840 wird es nachweislich als Schänke genutzt, die zunächst Leonhardt Ofterdinger gehört. Fritz Peters ist Pächter von 1899 bis 1934, anschliessend wird die Elbschloss Brauerei das Gebäude nutzen. 1975 wurde das Landhaus von Armin und Emmi Scherrer gekauft und ist unter dem Namen ‘Landhaus Scherrer’ Hamburgs erste Gourmet-Adresse.

Auch in den frühen Zeiten, müssen die Umsätze hervorragend gewesen sein, da das Landhaus an besonderer Stelle erbaut war, nämlich am Ottensener Schlagbaum, den es von 1831 bis 1891 gab. Hier wurde Wegezoll erhoben für den damals noch privaten Weg zwischen Hamburg und Altona, namens Elbchaussee. An dieser Stelle spannte man die Pferde aus und nutzte die Gelegenheit für eine Einkehr im Landhaus.

Um 1906 bewirtschaftete Fritz Peters auch das Gasthaus „Zur schönen Aussicht“. Es liegt ebenfalls an der Elbchaussee und ist möglicherweise mit „Groth’s Etablissement“ identisch? Auf jeden Fall war dieses Gasthaus die Endstation der Pferdebahn in Altona. Die Linien aus Eilbek und Barmbek hatten hier ihren Endhaltepunkt. 

Als Fritz Peters Besitzer des Gasthauses war, also Anfang des letzten Jahrhunderts, war das Garten-Restaurant ein beliebtes Ausflugsziel, besonders an sonnigen Wochenende im Frühling und Sommer. Die Gäste saßen auf der Terrasse, tranken eine Erfrischung und lauschten der Musik, gespielt von einer Kapelle; vielleicht wiegten sich auch einige Paare tanzend im Kreis. Manches junge Mädchen, das als „Köksch“ bei seiner Herrschaft schuften musste, träumte davon, einmal am Sonntag in den Armen eines schneidigen Offiziers über die Tanzfläche zu walzen und so ähnlich wird es auch Johanna Isermann gegangen sein. Fast wäre sie 30 Jahre zu früh Mitglied meiner Familie geworden und dann hätte sie nicht meine Oma werden können oder eigentlich doch, aber ich will es von Anfang an erzählen:

Es muss Anfang der 20-ger Jahre gewesen sein, als Johanna regelmäßig sonntags das Garten-Restaurant besuchte. Oft in Begleitung ihrer Schwester Elsa oder ihrer Freundin Maria. Die jungen Frauen standen mit einem Glas Zitronensaft, halb versteckt, hinter einem Lindenbaum und schauten mit großen Augen zu den Musikern hinüber. Wenn jetzt einer käme und sie zum Tanz auffordern würde, ja wenn nur. Einer der Musiker war John Peters gewesen, mein Großvater väterlicherseits und Sohn des damaligen Restaurantbesitzers Fritz Peters. John hat in dem Gartenlokal oftmals am Sonntagnachmittag Klavier gespielt. Er hatte sich damit etwas zusätzliches Geld verdient und es hat ihm gewiss auch viel Spaß gemacht. Jedenfalls sehr viel mehr als die dröge Arbeit in der Finanzdeputation Hamburg, wo er die ganze Woche am Stehpult Bescheide in Schönschrift zu schreiben hatte. So war auch ihm der Besuch im väterlichen Betrieb eine willkommene Abwechslung. Aber am Klavier sitzend, hatte er die schüchterne, junge Frau unter der Linde gar nicht bemerkt und so kam es auch zu keiner Begegnung zwischen den beiden. Noch nicht, denn tatsächlich handelt es sich bei Johanna um meine spätere Oma mütterlicherseits!

Natürlich konnten die beiden es damals noch nicht wissen, aber der gut aussehende Mann am Klavier hat der jungen Besucherin so gut gefallen, dass sie sein Bild nicht vergessen konnte. Erst Jahrzehnte später fand Johanna heraus, dass John inzwischen längst der Schwiegervater ihrer Tochter geworden war! Damals, kurz nach dem Ersten Weltkrieg, im Gartenlokal an der Elbchaussee, ahnten sie nicht, dass ihre zu der Zeit noch gar nicht vorhandenen Kinder, fast 30 Jahre später, einmal heiraten werden. Vielleicht ist das der Grund, warum ich fest an Zufälle glaube und sie gerne auch mal in meine Planung einbaue.

Während Emma Griebel mit ihrer Familie in der Arnoldstraße 44 wohnte (Markierung B), lebte die Familie Rudolf und Johanna Isermann in der Lagerstraße 9 (heute Gaußstraße, Markierung A). Der Enkelsohn von Emma Griebel und die Tochter von Rudolf Isermann werden später heiraten. Sie sind meine Eltern. Ihre Vorfahren lebten einen knappen Kilometer voneinander entfernt! Vielleicht besuchten die Kinder dieselbe Schule. Und das alles passierte nicht in einem kleinen, abgeschirmten Ort, sondern mitten in einer Millionenstadt, namens Hamburg.